Queere Fahrt NRW vernetzt 130 LGBT*-Jugendliche

Fünf Tage, fünf Städte und 130 begeisterte und vernetzte Jugendliche – das ist das Ergebnis der Queeren Fahrt NRW. Eine Woche lange machte sich täglich eine Gruppe von 10 bis 15 Jugendlichen aus dem Kölner anyway auf den Weg in Treffs für lesbische, schwule, bi und trans* Jugendliche in den verschiedenen Regionen von Nordrhein-Westfalen. Die Route führte von Wuppertal (BJ) nach Krefeld (together), Bielefeld (yay), Bonn (GAP)  und Siegen (Colour). „Ziel der queeren Fahrt war es, dass sich Jugendliche bei gemeinsamen Aktionen vernetzen, austauschen und ins Gespräch darüber kommen, was sie von der Gesellschaft fordern“, sagt Falk Steinborn vom anyway, der die Fahrt organisierte.

Von der Gesellschaft wünsche ich mir als queerer Jugendlicher, dass …

Tag 2 - Besuch im Jugendtreff together in KrefeldEine mehrere Meter lange, weiße Stoffrolle ging mit auf Reise. Darauf verewigten sich die Jugendliche zwischen Rheinland und Westfalen mit Handabdrücken in allen Farben des Regenbogens und hinterließen Statements an die Politik und Gesellschaft. Denn trotz Ehe für alle und steigender Akzeptanz gibt es noch immer gesetzliche Benachteiligungen und Diskriminierung im Alltag. Chris, 19 Jahre, aus Duisburg wünscht sich beispielsweise von Gesellschaft und Politik, „dass das Transsexuellengesetz freundlicher für Trans*-Menschen gestaltet wird und sich um eine Schulaufklärung besser gekümmert wird“. Uri, 23, aus Wermelskirchen wünschst sich, „dass es Notunterkünfte für LGBT* gibt, die zu Hause Stress haben und deshalb flüchten.“
Andere Jugendliche weisen auf fehlende Akzeptanz in ihrem Umfeld, Schule und Job hin, den Mangel an Unisextoiletten in öffentlichen Einrichtungen oder auch die Schwierigkeit, eine LGBT*-Jugendgruppe zu besuchen – vor allem wenn man in eher ländlicheren Räumen wohnt. Die Liste der Wünsche und Forderungen ist lang. Mehr als 100 sind es insgesamt. Sie zeigen, dass es auch 2019 noch immer mit Hürden verbunden ist, als queerer Teenager aufzuwachsen.

Der Sozialraum queerer Jugendlicher ist mehr als nur ihre Stadt

Spiel und Spaß beim Schwedenschach bei der queeren Fahrt NRW, Foto: Marius Steffen, www.mariussteffen.deDie queere Fahrt macht aber auch deutlich: schwule, lesbische, bisexuelle und trans* Jugendliche sind oft gut vernetzt. Auf der Suche nach anderen jungen Queers machen sie in den sozialen Medien nicht an ihrer Stadtgrenze halt. Bei der queeren Fahrt kam es deshalb immer wieder zu Begegnen von Jugendlichen, die sich aus dem Web kannten, vom Besuch eines CSD oder eines gemeinsamen Jugendtreffs. „Der Sozialraum queerer Jugendlicher geht oft gezwungenermaßen über die eigene Kommune hinaus, weil es bei ihnen vor Ort keine LBGT*-Jugendgruppe gibt; der Ort so klein ist, dass sie das Gefühl haben, die oder der einzige queere Jugendliche zu sein oder sie wegen der Outing-Gefahr zu Hause lieber im weiteren Umkreis nach anderen Jugendlichen und Treffs suchen. Das muss man sich allerdings leisten können“, sagt Falk Steinborn mit Blick auf Jugendliche, die aus finanziell schlechterer Situation kommen.

Dank der Förderung durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW konnten auch Jugendliche mit auf Fahrt gehen, deren Sommer sonst weniger erlebnisreich gewesen wäre und ohne den Besuch eines queeren Jugendtreffs. Für Sarah steht deshalb fest: „Die Fahrt hat mega Spaß gemacht und es war total interessant, neue Leute kennenzulernen. Es wäre toll, wenn es das nächstes Jahr wieder gibt – vielleicht auch mit einem großen Gegenbesuch aller anderen Gruppen in Köln.“

Jugendlicher beschriftet Banner mit Farbabdruck seiner Hand , Foto: Marius Steffen, www.mariussteffen.de

Fotos: Titelbild sowie Bild 3 und 4 von Marius Steffen, www.mariussteffen.de