Claudia Roth: „Riot ist nicht Rainbow! Ich fürchte, mehr Riot ist wieder nötig.“
Am 28. Juni 1969 entbrannte rund um eine Schwulenbar an der Christopher Street in New York eine Straßenschlacht, die als die Stonewall Riots in die Geschichte einging und die den Beginn der Emanzipation queerer Menschen, seien sie schwul, lesbisch, bi oder trans*, markierte. Ein halbes Jahrhundert später zeigte Jugendcafé anyway den Film „50 Jahre nach Stonewall“ und lud zur Diskussion mit Regisseur André Schäfer und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Grüne) über die Vergangenheit, den Status Quo und die Zukunft der Schwulen-, Lesben-, Bi- und Trans*bewegung ein. Dass trotz Ehe für Alle, Adoption und Rehabilitierung von verurteilten schwulen und bisexuellen Männern noch viel zu tun sei, war sich Roth sicher.
„Wir sollten aufhören, bescheiden zu sein. Wir wollen gleiche Rechte, gleiche Würde. Die gilt für alle Menschen. Ich bin in diesen Zeiten zur Verfassungsschützerin geworden. Im wunderbaren ersten Satz des Grundgesetzes steht drin: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Da steht nicht drin ‚die Würde des heterosexuellen Menschen.‘“
Roth spricht damit an, was vielen heterosexuellen Menschen noch nicht bewusst ist: Die vollkommene Gleichstellung ist noch nicht erreicht. Noch immer gibt es Vorurteile und rechtliche Benachteiligungen, z.B. für lesbische und bisexuelle Frauen beim Kinderkriegen und trans* Personen. Und schlimmer noch: Die bisherigen Erfolge der Lesben-, Schwulen-, Bi- und Trans*bewegung sind nicht zwingend von Dauer.
Das gesellschaftliche Rollback, das am rechten Rand der Bevölkerung gelebt und gefordert wird, ist eine Warnung dafür, dass die Community weiter ihre Recht verteidigen muss. „Wenn man sich das Programm der AfD in Sachsen anschaut, sieht man: Die wollen ein anderes Land.“
Gerade deshalb ist es notwendig, dass der CSD nicht nur eine Feier und Party ist, sondern auch ein politisches Zeichen. „Riot ist nicht Rainbow! Ich fürchte, mehr Riot ist wieder nötig“, so Roth. Der Blick auf andere Länder zeigt, wie schnell sich der politische Wind drehen kann. „Schau dir die Welt an. Hätte jemand geglaubt, dass ein Mensch wie Trump Präsident werden kann? Ich war jetzt in Brasilien auf dem Pride. Da ist jetzt ein offen feindlicher Präsident an der Macht. Schau dir an, was in Polen und Ungarn los ist“, mahnt Roth.
Fotoquelle: Marius Steffen (www.mariussteffen.de)