Stadt Köln setzt Rotstift bei queeren Jugendlichen an

Statt die LSBTIQ*-Jugendeinrichtung anyway wie geplant zu stärken, plant die Verwaltung die Jugendberatungsstelle vollständig zu kürzen | Drohende Streichung verschärft bestehende Unterfinanzierung des anyway

Neue Hiobsbotschaft für LSBTIQ*-Jugendliche aus Köln. Die Jugendberatungsstelle des anyway wird laut Haushaltsentwurf der Stadt Köln gestrichen. Die Nachricht kommt zur Unzeit. Die Stelle wurde erst Anfang 2020 in Folge gestiegenen Beratungsbedarfes bei queeren Jugendlichen, insbesondere im Themenfeld trans* und geschlechtliche Identität, geschaffen. Seitdem hat sich der Bedarf durch Corona noch einmal deutlich verstärkt. LSBTIQ*-Jugendliche haben als vulnerable Gruppen besonders unter der Pandemie gelitten, wie zahlreiche Studien belegen.

Die Streichung der Stelle ist aus fachlicher Sicht vollkommen unverständlich. Der Beratungsbedarf ist höher als vor Corona. In Folge werden Jugendliche mit ihren Nöten im Stich gelassen. Auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung braucht es eine Jugendpolitik, die Minderheiten und ihre Strukturen bedarfsgerecht fördert.“, sagt Jürgen Piger, Leiter des anyway.

Zudem widerspricht die Streichung auch der Zusage von Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Sie sagte kurz vor der Oberbürgermeister:innenwahl in einem Interview mit Jugendlichen vom anyway im September 2020: „Sie können sich darauf verlassen, dass ich keine Strukturen zerschlage, die wir aufgebaut haben und wo der Bedarf wirklich da ist. Und dazu gehört diese Struktur. Das wird von mir weder vorgeschlagen noch mitgetragen.“

Versprochene Stärkung des anyway ins Gegenteil gekehrt

Mit der Streichung beim anyway würde auch das Versprechen des Kölner Ratsbündnis (DIE GRÜNEN, CDU und Volt) aus dem Bündnisvertrag ad absurdum geführt. In diesem heißt es: „Das bestehende queere Jugendzentrum werden wir stärken […].“ (Bündnisvertrag S. 72, März 2021). Die Stärkung ist dringend notwendig. Seit zwei Jahren kämpft das anyway für eine umfassende Förderung der Grundstruktur, um die zahlreichen Aufgaben leisten zu können.

Das anyway ist in den letzten Jahren gewachsen. Das war aufgrund gestiegener und neuer Bedarfe von lsbtiq* Jugendlichen notwendig und politisch gewünscht. Erst kürzlich haben wir als Träger eine Fachberatungsstelle für alle Einrichtungen der Jugendförderung der Stadt Köln übernommen. Hinzu kommt der neue LSBTIQ*-Jugendtreff auf der rechten Rheinseite und die Schulaufklärungsarbeit. Diese neuen Projekte müssen verwaltet und umgesetzt werden. Deswegen ist umfassende Förderung unserer Grundstruktur notwendig“, sagt Kathrin Balke vom Vorstand des anyway e.V.

Unterfinanzierung von 143.000 Euro

Die unzureichende Grundförderung führt zu allgemeiner Arbeitsüberlastung im anyway, die aktuell nur durch das hohe Engagement der Mitarbeitenden abgefedert werden kann. Dies ist nicht länger leistbar, sodass nun auch eine massive Begrenzung bis hin zum Aus bestehender Projekte droht. Dies könnte beispielsweise den Treff in Köln-Mülheim, die Schulaufklärungsarbeit mit ihrer enorm hohen Nachfrage sowie weitere Projekte betreffen. Abwenden kann dies nur das Ende der Unterfinanzierung. Sie beläuft sich auf 143.000 Euro pro Jahr.

Protest & Petition gegen Haushaltsentwurf startet

Wie es mit dem anyway weitergehen wird, liegt nun in den Händen des Ratsbündnisses und der Oberbürgermeisterin. Sie können den Haushaltsentwurf noch verändern, ehe er Ende September endgültig verabschiedet wird. Damit dieser nicht zum Nachteil für queere Jugendliche in Köln ausfällt, ruft das anyway zum Protest auf.

Unter dem Motto „Stärken statt streichen: Eine sichere Zukunft für das anyway!“ findet am Dienstag, 6. September, um 19 Uhr eine Demo auf dem Alter Markt in Köln statt. Außerdem sind alle Menschen aus der Community sowie die Kölner Bürger:innen dazu aufgerufen, eine Petition gegen die Kürzung und für eine Stärkung zu unterzeichnen. Dies ist möglich unter: www.anyway-koeln.de/protest